Wenn es nachts plötzlich laut wird:
Koblenzer Selbsthilfegruppe berät
und unterstützt Schlafapnoe-Patienten
Die Nacht, in der sich im Hause der Familie Palm alles än- dert, ist jetzt 16 Jahre her. Im Schlafzimmer steht Therese Palm senkrecht im Bett, weil ihr Mann Wolfgang ein Ge- räusch abgibt, das so klingt wie „krrr krrr krrr“ und die Nacht- ruhe jäh unterbricht. ,,So geht das nicht weiter", sagt Therese Palm, „Du schnarchst wie ein Weltmeister, schnappst nach Luft, Du gehst jetzt zum Arzt." Die beiden wissen in dem Moment noch nicht, dass die Schlafapnoe für die Atemaus- setzer verantwortlich ist, warum auch, aber da sind eben die Symptome, die stutzig machen. Und sie machen Angst. Eine typische Begleiterscheinung der Krankheit zwingt Palm täg- lich, bereits kurz nach dem Aufstehen, wieder auf die Couch: Tagesmüdigkeit.
Da er als Kind Polio hatte, glaubt er zunächst, das Fatigue- Syndrom, das Betroffene weit in ihr Leben hinein begleitet, sei an seiner Schlappheit schuld. Er geht zum Leiter des Polio-Zentrums am Koblenzer Brüder-Krankenhaus, Dr. Axel Rütz, ein Arzt seines Vertrauens. Der hat einen Verdacht und schickt seinen Patienten gleich weiter zur Hufeland-Klinik in Bad Ems. Dort ist zu dieser Zeit Dr. Klaus Kienast Chefarzt für Pneumologie. Eine stationäre Untersuchung im Schlafla- bor später steht die Diagnose fest: Eine obstruktive, gepaart mit einer zentralen Schlafapnoe, sorgen für die Atemausset- zer bei Wolfgang Palm.
Jetzt sitzt er in seinem Wohnzimmer in Waldesch, einem Ort nahe Koblenz, und berichtet auch 16 Jahre später mit großen Augen von besorgniserregenden Werten, die damals gemessen wurden: „Ich hatte bis zu 90 Atemaussetzer pro Stunde und habe manchmal anderthalb Minuten nicht geat- met.“ 90 Sekunden ohne Luft zu holen, das würde er am Tag bei Bewusstsein nicht ansatzweise schaffen, verdeutlicht er. Aus der Hufeland-Klinik heraus kam er mit einem CPAP- Goldstandard-Gerät und einer Atemmaske für Mund und Nase – die Ausstattung für schwere Fälle von Schlafapnoe.
,,Doch dann fing das ganze Drama erst an", sagt der heute 72-Jährige. Denn eine Maske passt nicht gleich für jeden. Es gibt Dutzende Modelle, also probiert er verschiedene aus, am Ende werden es zehn Stück gewesen sein. Ein halbes Jahr dauert es, bis er sich an die Situation gewöhnt, nachts eine Maske zu tragen. Das sei zu Beginn der Therapie nicht außergewöhnlich, führe aber häufig zum Abbruch. Abhilfe könnte hier eine bessere Aufklärung durch Ärzte und Ver- sorger schaffen, so Palm. Was abgesehen von den Masken- gewöhnungsproblemen hingegen völlig unproblematisch
ist, ist die Lautstärke des Geräts: Es ist fast nicht zu hören im Schlafzimmer. Wolfgang Palm schläft von da ab wieder sicher ohne Atemaussetzer, und Therese Palm muss sich keine Sorgen mehr machen – sie hat ihre nächtliche Ruhe zurück.
Am Tage sieht es etwas anders aus, denn bei den Palms klin- gelt sehr häufig das Telefon. Auf dem Display stehen dann unbekannte Nummern, die sie nicht ihrem Bekanntenkreis zuordnen können. Und es sind auch keine Betrüger, wie sie seit Jahren vor allem bei älteren Menschen anrufen. Am Hörer sind dann Betroffene von Schlafapnoe, die Rat und Austausch suchen. Wolfgang Palm ist seit elf Jahren Vorsit- zender des Vereins Selbsthilfe Schlafapnoe Koblenz & Um- land. Als solcher berät er Menschen, die den Austausch mit anderen Betroffenen suchen. Geld nimmt er dafür nicht. Bei ihm melden sich Menschen, denen die ärztliche Aufklärung vielleicht zu kurz gekommen ist oder die verunsichert sind durch die Informationen im Internet: „Zwei Drittel davon sind falsch oder wenigstens nicht ganz richtig“, schätzt Palm. Doktor Google ist ein Ratgeber, der Menschen verunsichern kann.
Palm möchte mit allgemeinverständlicher Sprache andere Patienten informieren, die Aufklärung ist eine Mission für ihn. Es ist ein Kampf gegen Falschinformationen und My- then, etwa jener mit dem Sauerstoff: ,,Die Geräte pumpen komprimierte Raumluft in Rachen und Lunge, aber keinen Sauerstoff.“ Ein bis zwei Stunden sitzt er manchmal am Te- lefon, seine Frau schüttelt gelegentlich den Kopf, aber die Sache ist ihm wichtig. Genau wie das Ehrenamt im Allgemei- nen: Auch für den Behindertensport in Rheinland-Pfalz enga- giert sich Wolfgang Palm seit vielen Jahren.
90 Mitglieder hat der Selbsthilfeverein, dazu 130 Patienten, die sich auf den regelmäßigen Infoabenden kundig machen. Dort würde sich Palm eine stärkere Beteiligung der Ärzte wünschen. Häufig werden externe Referenten eingeladen und sogenannte Maskensprechstunden abgehalten. Dort berichtet Palm auch, dass die Krankheit nicht heilbar ist, aber behandelt werden kann. Dass ein CPAP-Gerät immer, auch beim Mittagsschlaf, angeschlossen werden sollte, und dass Pause machen vom Gerät, etwa im Urlaub, gar keine gute Idee ist. Und dass man eigentlich nicht ersticken kann, da das Gehirn irgendwann dem Körper meldet, dass Atmen
20 Ärzteblatt Rheinland-Pfalz | 03/2025
Mit der Nasenmaske schläft Wolfgang Palm aktuell sehr gut.
Jahrelang hat Wolfgang Palm mit der Vollgesichtsmaske (unten) geschlafen. Eine Erkrankung hatte dann den Elfekt, dass er mit dieser Maske nicht mehr zurechtkam.
Wolfgang Palm schläft seit 16 Jahren immer mit einer Maske, die mit leichtem Überdruck Raumluft in seine Atemwege pumpt.
Das CPAP-Therapiegerät steht auf einem Hocker neben Wolfgang Palms Bett. Selbst wenn es angeschaltet ist, ist es kaum zu hören.
Fotos: Christopher Schäfer
nach anderthalb Minuten mal wieder eine gute Idee wäre. Palm erzählt dann aber auch, dass ein dauerhafter Verzicht auf das Gerät Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes nach sich zieht. Sogar eine Demenz wird dadurch gefördert.
Der Verein macht auch Ausflüge mit den Mitgliedern und ih- ren Familien, so stehen gemeinsame Schiffstouren auf dem Rhein mit den Familien. Die Gemeinschaft wird gepflegt, die Sorgen müssen auch mal in den Hintergrund treten. Palm sitzt auch im Vorstand des Bundesverbands gemeinnützige Selbsthilfe Schlafapnoe. Der setzt sich etwa dafür ein, dass auch Kassenpatienten eine stationäre Untersuchung (Poly- somnographie) erhalten, nicht nur eine ambulante (Somno- graphie). Und er, der glücklich ist über die Spitzenmediziner, die ihn im Laufe des Lebens versorgt haben, möchte auch Ärzte aufklären, die vielleicht die Krankheit nicht so präsent haben: „Wenn Patienten hohen Blutdruck haben, wäre es gut, wenn alle Mediziner immer auch fragen, ob es vielleicht am Schlaf liegen könnte und nicht einfach Medikamente gegen Bluthochdruck verordnen.“
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und für ihn gesünder, sondern auch sein Lebensstil. Vom Tag der Diagnose an fasste der vormalige Kettenraucher keine einzige Zigarette mehr an. Rauchen ist genau wie Adipositas ein Faktor, der die Apnoe-Symptome verschlimmert.
Im Dezember 2023 nahm die Krankheitsgeschichte von Wolfgang Palm noch einmal eine dramatische Wendung. Eine OP rettete ihm, der an Pneumothorax, Bronchitis und Lungenentzündung litt, in letzter Minute das Leben. Dann kam noch Bauchspeicheldrüsenkrebs hinzu. Seinen Lebens- mut hat er dadurch nicht verloren. Aber all das hatte zur Fol- ge, dass Palm mit seiner Maske, die jahrelang gepasst hatte, nicht mehr zurechtkam. Mittlerweile hat er ein neues Modell gefunden, das nicht mehr die komplette Nase bedeckt. „Ich komme damit jetzt wieder klar", sagt er, atmet auf, lächelt und verabschiedet den Besuch. Er muss jetzt jemanden zu- rückrufen. Auf dem Telefon-Display ist in der Zwischenzeit wieder eine Nummer aufgetaucht, die er nicht zuordnen konnte.
Christopher Schäfer
tfeld >>
Akuelles Urteil Bundessozialgericht zur Antragstellung auf Hilfsmittel bei den gesetzl. Krankenversicherungen!
siehe unter "Mitglieder" "Rat und Hilfe"
Presseerklärung zur Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses am 17. November 2017
Endlich weniger Zuzahlung für Zahnersatz
Berlin, 17. November 2017. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute Änderungen für die Festzuschüsse für Zahnersatz beschlossen. Damit erreichen die Festzuschüsse, die die Krankenkassen für Zahnersatz leisten, endlich wieder annähernd 50 Prozent der Kosten für Regelleistungen, wie das Gesetz es vorsieht.
Die Patientenvertretung im G-BA begrüßt, dass heute endlich ein Beschluss über neue Festzuschüsse für Zahnersatz gefasst wurde. Damit decken die Festzuschüsse die Regelleistungen insgesamt wieder den gesetzlich vorgesehenen Anteil von annähernd 50 Prozent ab. Zum Beispiel: Bei Vollprothesen liegt der neue Festzuschuss um ca. 90 € höher.
„Jahrelang haben die Patientinnen und Patienten die Abweichungen von den realen Kosten alleine getragen. Jetzt sind die Festzuschüsse endlich wieder so wie das Gesetz das vorsieht“, so Gregor Bornes, Sprecher der Patientenvertretung im Unterausschuss Zahnärztliche Behandlung und der Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen.
Der Vorsitzende des G-BA Josef Hecken hatte mit einem Kompromissvorschlag erreicht, dass die GKV dem heutigen Beschluss zugestimmt hat. „Dieser Erfolg wurde aber mit einem Zugeständnis erkauft, dass uns womöglich noch Probleme bereitet: dem Abschlag in Höhe von 2,5% für vermutete Unwirtschaftlichkeit der Zahntechniker.,“ so Gregor Bornes. „Diesen Abschlag zahlen aber nicht die Zahntechniker, sondern die Patientinnen und Patienten.“
Der Festzuschuss beträgt laut Gesetz 50% der durchschnittlichen Kosten der Regelleistung, nicht der individuellen Zahnersatzrechnung. Er setzt sich aus den Preisen für die einzelnen Leistungen und den Häufigkeiten dieser zusammen. Vor allem die Häufigkeiten waren zuletzt 2004 angepasst worden und entsprachen nicht mehr der Realität. Daher hatte die Patientenvertretung die Aktualisierung bereits 2008 angestoßen.
„Das Grundproblem wurde leider nicht gelöst.“, so Bornes „Die Patienten tragen das Risiko für Unwirtschaftlichkeit und Kostensteigerungen alleine. Wir fordern die Politik auf, hier grundsätzliche Änderungen vorzunehmen.“
Ansprechpartner:
Gregor Bornes (c/o gesundheitsladen köln e.V., Steinkopfstr.2, 51065 Köln),
Tel: 0221 276 29 60; E-Mail: Gregor.bornes@gesundheitsladen-koeln.de
Die Patientenvertretung im G-BA besteht aus Vertreterinnen und Vertretern der vier maßgeblichen Patienten-organisationen entsprechend der Patientenbeteiligungsverordnung:
Die Patientenvertretung im G-BA kann mitberaten und Anträge stellen, hat aber kein Stimmrecht.